Anti-PLA2R: ein serologischer Marker für die primäre membranöse Nephropathie

Die Entdeckung der Autoantikörper gegen den Phospholipase A2 Rezeptor 1 (PLA2R) gilt als Meilenstein in der nephrologischen Forschung. Die Autoantikörper sind der erste beschriebene serologische Marker, der spezifisch für die primäre membranösen Nephropathie ist. Seine Bedeutung für die Diagnostik ist Thema vieler aktueller Fachpublikationen.

Primäre und sekundäre membranöse Nephropathie: Differentialdiagnose notwendig

Membranöse Nephropathie ist die Hauptursache für das nephrotische Syndrom bei Erwachsenen – eine Entzündung der Nieren-Glomeruli. Zu den typischen Symptomen gehören das übermäßige Ausscheiden von Proteinen mit dem Urin (Proteinurie) und Störungen des Blutfettstoffwechsels (Hyperlipidemia, Lipidurie). Die Krankheit kann unterschiedlich schwere Verlaufsformen annehmen, die von spontaner Remission über anhaltende Proteinurie bis hin zu vollständigem Nierenversagen reichen.

In 20 bis 30 Prozent der Fälle geht die membranöse Nephropathie auf eine andere Grunderkrankung zurück, zum Beispiel eine Tumorerkrankung, eine Autoimmunerkrankung, eine bakterielle oder virale Infektion oder eine Arzneimittelvergiftung. Diese Form wird als sekundäre membranöse Nephropathie bezeichnet. Die primäre membranöse Nephropathie ist eine eigenständige, nierenspezifische Autoimmunerkrankung. Eine Unterscheidung dieser beiden Formen ist von großer Bedeutung für die Therapie. Während sich die Therapie der sekundären membranösen Nephropathie vor allem auf die zugrunde liegende Erkrankung konzentriert, kann die primäre membranöse Nephropathie in den meisten Fällen erfolgreich mit Immunsuppressiva behandelt werden.

Die membranösen Nephropathie wird standardmäßig mithilfe einer Nierenbiopsie diagnostiziert. Die histologische Untersuchung des Gewebes zeigt bei einem positiven Befund Ansammlungen aus Immunkomplexen auf der Außenseite der glomerulären Basalmembran. Bei Patienten mit sekundärer membranöser Nephropathie können für die Grunderkrankung spezifische Antikörper in den Immundepots nachgewiesen werden, zum Beispiel gegen Doppelstrang-DNA bei Lupus erythematodes oder gegen Treponema- und Helicobacter pylori-Antigene bei den entsprechenden Infektionserkrankungen. Das Zielantigen, welches bei der primären membranösen Nephropathie zu den charakteristischen Immunkomplex-Ablagerungen an der glomerulären Basalmembran führt, wurde erst vor kurzem entdeckt. 2009 beschrieben Beck et al. erstmals den Phopholipase A2 Rezeptor 1 (PLA2R) als Zielantigen für die Autoantikörper, die die primäre Form der membranösen Nephropathie verursachen. Bei etwa 70 Prozent der untersuchten Patienten, die an primärer membranösen Nephropathie litten, konnten Autoantikörper gegen PLA2R (Anti-PLA2R) im Serum nachgewiesen werden [1].

Anti-PLA2R-Autoantikörper und die Pathogenese der primären membranösen Nephropathie

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Die Bindung der Anti-PLA2R-Autoantikörper an die Podozyten führt zur Schädigung der Basalmembran. Diese geht mit einer gestörten Filterfunktion der Niere einher.

PLA2R ist ein Transmembranrezeptor mit einer großen extrazellulären Domäne, der in den Podozyten der Glomeruli exprimiert wird. Dem aktuellen Stand der Forschung zufolge spielen Anti-PLA2R-Antikörpern eine wichtige Rolle in der Pathogenese der primären MN. Vermutlich binden die im Serum zirkulierenden Autoantikörper an die extrazelluläre Domäne der PLA2R auf der Oberfläche der Podozyten. Die gebildeten Immunkomplexe aktivieren das Komplementsystems, was schließlich zur Entzündung und Schädigung der glomerulären Basalmembran und damit zur Störung der Nierenfilterfunktion führt [2].

Der Wert der Anti-PLA2R in der klinischen Praxis

Weitere Untersuchungen in den vergangenen Jahren untermauerten die Rolle von Anti-PLA2R-Autoantikörpern als spezifische Biomarker für die primäre membranöse Nephropathie. Patienten, die an sekundärer membranöser Nephropathie litten, wiesen in der großen Mehrzahl keine Anti-PLA2R-Antikörper auf [3, 4]. In den wenigen beschriebenen Fällen, in denen auch in Patienten mit Verdacht auf sekundäre membranöse Nephropathie Anti-PLA2R-Antikörper gefunden wurden, konnte ein paralleles Auftreten einer (primären) membranösen Nephropathie und einer unabhängigen zweiten Erkrankung nicht ausgeschlossen werden [2].

Darüber hinaus eignet sich der Anti-PLA2R-Autoantikörpertiter auch als Therapiemarker, um den Verlauf der Erkrankung und den Fortschritt einer Behandlung einzuschätzen und zu überwachen: Offensichtlich besteht eine deutliche Korrelation zwischen der Konzentration der Anti-PLA2R-Antikörpers und der Verlaufsform und Aktivität der primären membranösen Nephropathie. Hohe Anti-PLA2R-Antikörpertiter lassen auf eine verstärkte Krankheitsaktivität und die Notwendigkeit einer intensiveren Behandlung schließen. Im Zuge einer immunsuppressiven Therapie sinkt der Antikörpertiter der Patienten schnell ab – schneller als das Abklingen der Proteinurie. Je niedriger der ursprüngliche Anti-PLA2R-Titer, desto höher waren auch die Erfolgsaussichten der immunsuppressiven Behandlung [5].

Auch die Chancen einer vollständigen Remission nach einer Nierentransplantation sind offenbar umso größer, je niedriger der Anti-PLA2R-Antikörpertiter nach dem Eingriff ist. Ein anhaltend nachweisbarer Anti-PLA2R-Titer konnte in einer weiteren Studie als ein signifikanter Risikofaktor für einen erneuten Ausbruch der primären membranösen Nephropathie nach der Organtransplantation identifiziert werden [6].

Anti-PLA2R-Autoantikörper besitzen somit einen großen Wert für die Diagnose der primären membranösen Nephropathie. Ihr Titer erlaubt darüber hinaus Einschätzungen zur Krankheitsaktivität, zur notwendigen Therapie und zu den Erfolgschancen der Behandlung. Er hat einen hohen Vorhersagewert für einen Therapie- und Transplantationserfolg.

Anti-PLA2R-Antikörpernachweis

Bislang existieren nur zwei standardisierte Tests zum Nachweis von Anti-PLA2R-Antikörpern, die beide auf dem europäischen und amerikanischen Markt zugelassen sind: der Anti-PLA2R-IIFT und der Anti-PLA2R-ELISA [7, 8]. Im Gegensatz zur Biopsie ist für die Durchführung beider serologischer Tests kein invasiver Eingriff notwendig. Stattdessen wird nur eine Blutprobe benötigt.

Weitere Informationen zu Anti-PLA2R-Autoantikörpern und ihrer Rolle bei der primären membranösen Nephropathie sowie zu neuen Publikationen und Veranstaltungen zum Thema erhalten Sie auf der PLA2R-Website.

[1] Beck et al., 2009 N Engl J Med, [2] Ronco and Debiec, 2012 Nat Rev Nephrol, [3] Hofstra et al., 2011 Clin J Am Soc Nephrol, [4] Gunnarsson et al., 2012 Am J Kidney Dis, [5] Hofstra et al., 2012 J Am Soc Nephrol, [6] Seitz-Polski et al., 2014 Nephrol Dial Transplant, [7] Hoxha et al., 2011 Nephrol Dial Transplant, [8] Dähnrich et al., 2013 Clin Chim Acta

 

 

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