Unfruchtbarkeit betrifft weltweit Millionen von Menschen im fortpflanzungsfähigen Alter und ist definiert durch das Ausbleiben einer Schwangerschaft nach mindestens zwölf Monaten bei regelmäßigem ungeschütztem Geschlechtsverkehr. Schätzungen gehen davon aus, dass eins von sechs Paaren weltweit mindestens einmal im Laufe seines Lebens an Unfruchtbarkeit leidet (WHO). Ein unerfüllter Kinderwunsch kann erhebliche negative soziale Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen haben. Jedoch steht eine Vielzahl von Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die als assistierte Reproduktionstechnologien (ART) bekannt sind. Dazu zählt zum Beispiel auch die In-vitro-Fertilisation (IVF).

Grund für eine Infertilität können physische Ursachen sowohl auf Seiten der Männer (20 bis 30 %) als auch auf Seiten der der Frauen (20 bis 35 %) sein. In 25 bis 40 % der Fälle sind die Ursachen bei beiden Partnern zu finden. Beispiele sind unter anderem abnorme Spermienfunktion und
-qualität, Erkrankungen der Eierstöcke wie das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) und andere Follikelstörungen sowie geschlechtsabhängige Störungen des Hormonhaushalts. Auch vom Lebensstil abhängende Faktoren wie Rauchen, Körpergewicht und Stress werden mit einer Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht. Insbesondere bei Frauen in fortgeschrittenem Alter ist jedoch eine altersbedingt reduzierte Anzahl reifungsfähiger Eizellen eine der häufigsten Erklärungen.

Anti-Müller-Hormon

Das Anti-Müller-Hormon (AMH) auch bekannt als Müllergang-Repressionshormon (MRH) wird von heranwachsenden Follikelzellen in den Eierstöcken produziert. Zwischen der Anzahl dieser reifungsfähigen Follikel – der sogenannten Eizellreserve (auch ovarielle Funktionsreserve) – und der AMH-Konzentration im Blut besteht ein direkter Zusammenhang, sodass der AMH-Spiegel zum Beispiel mit zunehmendem Alter der Frau entsprechend der Reduktion der ovariellen Funktionsreserve sinkt. Diese Korrelation macht AMH zu einem hervorragenden Marker für die Eizellreserve. Ein Vorteil des AMH im Vergleich zu anderen Fertilitätsparametern wie dem follikelstimulierenden Hormon (FSH) oder Östradiol ist, dass seine Konzentration im Blut nur geringe Schwankungen über den Menstruationszyklus hinweg aufweist und somit eine zyklusunabhängige Blutentnahme und Aussage über die Anzahl reifungsfähiger Eizellen möglich ist.

In der klinischen Praxis wird die Bestimmung des AMH-Wertes zur Abschätzung sowohl der ovariellen Funktionsreserve als auch des Ansprechens auf eine hormonelle Behandlung im Rahmen einer ART eingesetzt. Da ART zeit- und kostenintensive Verfahren sind, die häufig mit einer psychischen sowie physischen Belastung der Patienten einhergehen und unter anderem das Risiko eines ovariellen Hyperstimulationssyndroms (OHSS) bergen, bei dem mit zunehmendem Schweregrad klinische Komplikationen wie krankhafte innere Flüssigkeitsansammlungen oder thromboembolische Ereignisse auftreten können, kann die AMH-Konzentration als prädiktiver Faktor hilfreich bei der Auswahl einer geeigneten und sicheren Behandlung für betroffene Frauen sein.

Als Marker der Eizellreserve, deren Erschöpfung (Menopause) zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten eintritt, kann der AMH-Wert ebenfalls Hinweise in Bezug auf das richtige Timing bei der Familienplanung liefern.

Polyzystisches Ovarialsyndrom

Das Polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) ist einer der Hauptgründe für Unfruchtbarkeit und zählt zu den häufigsten endokrinen Erkrankungen bei Frauen im gebärfähigen Alter. PCOS wird durch ein Ungleichgewicht der Sexualhormone verursacht, das letztlich zu Menstruationsstörungen, Anovulation und anderen Stoffwechselstörungen führt. Die Sekretion von AMH aus polyzystischen Ovarien ist signifikant (75-mal) höher als bei nicht betroffenen Frauen aufgrund der Anreicherung von unreifen Follikeln im Eierstock. In den letzten Jahren gewinnt daher die Bestimmung des AMH-Wertes bei Verdacht auf PCOS (Link zum Blogartikel) an Bedeutung und er wird als zusätzlicher Marker für die Befundung diskutiert.

Testsysteme zur Bestimmung von AMH und weiteren Hormonen

Zur quantitativen Bestimmung der AMH-Konzentration in Serum oder Plasma bietet EUROIMMUN einen präzisen und einfach durchzuführenden ELISA an, der für eine vollautomatisierte Abarbeitung geeignet ist. Neben dem AMH-ELISA umfasst das EUROIMMUN-Portfolio außerdem weitere Produkte zur Bestimmung der Konzentration verschiedener Hormone, die unter anderem im Zusammenhang mit Infertilität und/oder PCOS stehen.