Nachdem Erika S. (71) ihre schwere Einkaufstasche abgestellt hat, spürt sie im Unterarm einen starken Schmerz. Als sie deshalb am nächsten Tag ihre Hausärztin aufsucht, überweist diese sie sofort an die Radiologie, und die Röntgenaufnahme bestätigt die Verdachtsdiagnose einer Radiusfraktur. Doch dabei bleibt es nicht: Erika S. leidet offensichtlich auch an Osteoporose, wie eine anschließende Knochendichtemessung untermauert. Diese Knochenerkrankung verringert die Knochendichte, sodass schon bei geringer Krafteinwirkung Frakturen auftreten können, was in vielen Fällen symptomlos ist und erst später entdeckt wird: So zeigen auch bei Erika S. bereits einige Wirbelkörper für Osteoporose typische Formveränderungen – eine Folge unbemerkter Brüche. * Nach der Diagnose einer Osteoporose können jedoch zügig Maßnahmen zur Therapie und Überwachung der Erkrankung eingeleitet werden, um zu helfen, weitere Schäden zu vermeiden.
Osteoporose – eine Knochenerkrankung mit endokrinen Ursachen
Osteoporose ist eine weltweit verbreitete Knochenerkrankung, die zu Knochenschwund und Abnahme der Knochenfestigkeit führt. Etwa ein Drittel aller Frauen und ein Fünftel aller Männer sind von Osteoporose betroffen. Speziell bei Frauen nach der Menopause wie Erika S. ist das Osteoporose-Risiko erhöht, da während der Wechseljahre die Produktion des weiblichen Sexualhormons Östrogen nachlässt, das vor Knochenschwund schützt. Calcium- und Vitamin-D-Mangel, die ebenfalls altersbedingt auftreten können, begünstigen zudem den Knochenmasseverlust. Meist ist das erste Anzeichen einer Osteoporose eine Fraktur, da der Knochenschwund selbst keine Symptome verursacht. Die Diagnose lässt sich v.a. mithilfe einer Knochendichtemessung stellen, woraufhin therapeutische Maßnahmen wie die Einnahme antiresorptiver bzw. anaboler Medikamente neben der Einnahme von Calcium und Vitamin D sowie knochenstärkende körperliche Aktivitäten ergriffen werden können. Zur Überwachung medikamentöser Therapien, die dem Knochenabbau entgegenwirken, und zur Einschätzung des Frakturrisikos bei postmenopausaler Osteoporose empfiehlt ein Konsensuspapier führender Experten dieses Fachgebiets seit 2011 die Bestimmung von Knochenumsatzmarkern 1.
Knochenumsatzmarker in der Diagnostik
Bei einem gesunden Menschen befindet sich der Knochenumbau, ein lebenslanger Prozess aus Knochenabbau (Resorption) und Knochenneubildung, im Gleichgewicht, wodurch die Knochenmasse konstant bleibt. Dieser Prozess wird durch systemisch wirkende Hormone sowie lokale Mediatoren wie Parathormon, Vitamin D, Cytokine und Wachstumsfaktoren genau reguliert. Knochenumsatzmarker ermöglichen eine fundierte Beurteilung des Knochenumsatzes, da sie während des Knochenumbaus entstehen: Sie werden vom Knochen freigesetzt.
Dabei unterscheidet man zwischen Bildungsmarkern, die verschiedene Aspekte der Knochenbildung und der Osteoblastenfunktion widerspiegeln, und Resorptionsmarkern, die mit dem Abbau der mineralisierten Knochenmatrix und der Osteoklastenfunktion in Zusammenhang stehen. Zu den Bildungsmarkern gehören PINP (N-terminales Propeptid des Typ-I-Prokollagens), Osteocalcin und BALP (knochenspezifische alkalische Phosphatase), zu den Resorptionsmarkern zählen β-CTX-I (beta-isomerisierte C-terminale Telopeptide des Typ-I-Kollagens), NTX-I (N-terminale Telopeptide des Typ-I-Kollagens) und TRACP5b (Tartrat-resistente saure Phosphatase) 2. Knochenumsatzmarker eignen sich auch zur diagnostischen Beurteilung weiterer endokrin bedingter Knochenerkrankungen:
- Paget-Syndrom (nach Osteoporose die zweithäufigste Knochenstoffwechselerkrankung; assoziiert mit dichten, aber brüchigen Knochen aufgrund übermäßig schnellen Knochenabbaus und unstrukturierter Knochenneubildung; chronischer Verlauf)
- Hypophosphatasie (eine seltene genetisch bedingte Erkrankung, die zu einer gestörten Mineralisierung von Zähnen und Knochen führt)
- Osteomalazie (einhergehend mit besonders weichen Knochen durch eine gestörte Knochenmineralisierung, häufig durch Vitamin-D-Mangel bedingt)
Knochen im Calciumstoffwechsel – Vitamin-D-Mangel und CKD-MBD
Knochen lagern Calcium ein und sind daher nicht nur für die Stabilität des Körpers essenziell, sondern besitzen auch als Calciumreservoir eine wichtige Funktion in der Homöostase dieses Mineralstoffs. Die aktive Aufnahme von Calcium über die Epithelzellen des Darms wird durch Calcitriol (1,25-Dihydroxy-Vitamin D) reguliert, das in einer Reaktionskette aus 7-Dehydrocholesterol über Zwischenstufen wie 25-(OH)-Vitamin D entsteht. Der erste Schritt erfolgt in der Haut unter Einfluss von UV-Strahlung, während der letzte Schritt, die Umwandlung zum biologisch aktiven Hormon, hauptsächlich in den Nieren stattfindet und von Parathormon (PTH) aus der Nebenschilddrüse gesteuert wird. Kann nicht genügend Calcium aktiv aufgenommen werden, stimuliert PTH die Knochenresorption, sodass Calcium ins Blut abgegeben wird. Bei zu hohen Calciumkonzentrationen im Blut sorgt hingegen die verstärkte Freisetzung des Schilddrüsenhormons Calcitonin für eine Reduzierung des Calciumspiegels.
Ist das Gleichgewicht in diesem komplexen Prozess gestört, entsteht unter Umständen nicht nur ein Vitamin-D-Mangel mit negativen Auswirkungen auf die Knochenstabilität (z.B. Knochenschwund, Osteomalazie). Bei Patienten mit einer chronischen Nierenerkrankung kann zudem eine sogenannte CKD-MBD (Chronic Kidney Disease – Mineral and Bone Disorder) die Folge sein, eine systemische Erkrankung, die etwa fünf bis zehn Prozent der Weltbevölkerung betrifft. Eine gestörte Nierenfunktion verursacht dabei Unregelmäßigkeiten im Mineralstoffmetabolismus, was die Spiegel von Calcium, Phosphor, PTH und Vitamin D beeinflusst. Dies verändert nicht nur die Knochenstruktur, sondern kann auch zu einer Verkalkung der Gefäße führen, wodurch sich die Gefahr von Knochenbrüchen sowie das kardiovaskuläre Risiko erhöhen. Die Knochenumsatzmarker β-CTX-I und Gesamt-PINP, die derzeit zum Management von Osteoporose empfohlen sind, eignen sich nicht bei CKD-Patienten. Ein unlängst veröffentlichtes Positionspapier empfiehlt deshalb als Referenzmarker für Osteoporose bei CKD BALP und TRACP5b, da diese nicht von der Nierenfunktion beeinflusst werden 3.
Die genannten Knochenerkrankungen mit endokrinen Ursachen lassen sich dank qualitativ hochwertiger Diagnostik-Testsysteme aufspüren und überwachen. EUROIMMUN und IDS bieten dafür eine umfassende Palette an vollautomatisierten Chemilumineszenz-Assays – einschließlich aller Biomarker, die nach aktuellsten Erkenntnissen zum Management von Osteoporose empfohlen werden 4–6. Die Assays erlauben die Quantifizierung aller Knochenumsatzmarker, unabhängig von der Nierenfunktion:
Immunoassays für Knochenbildungsmarker
- IDS Intact PINP
- IDS N-MID Osteocalcin
- IDS Ostase BAP
Immunoassays für Knochenresorptionsmarker
- IDS Beta CrossLaps (CTX-I)
- IDS TRAcP 5b (BoneTRAP)
Immunoassays für den Knochen- und Calciumstoffwechsel
- IDS 25 VitDS
- IDS 1,25 VitDXp
- IDS 1,25 Dihydroxy Vitamin D
- IDS Intact PTH
Dank der Walk-Away-Automatisierung ist die Abarbeitung der Assays auf derselben Plattform komfortabel und erlaubt auch die kontinuierliche Be- und Entladung bei Proben und Reagenzien – mit gleichzeitig schnellen Ergebnissen. Effizienz und Zuverlässigkeit sind dank EUROIMMUN und IDS feste Größen in der Diagnostik von Knochenerkrankungen und der Beurteilung des Calciumstoffwechsels.
Erika S. ist mit ihrer Osteoporose übrigens auf dem bestmöglichen Weg: Sie hat nicht nur in Absprache mit ihrer Hausärztin und ihrem Endokrinologen ihre Lebensweise angepasst, sondern erhält auch eine medikamentöse antiresorptive Therapie – die anschlägt, was die Überwachung ihrer Knochenumsatzmarker mit den entsprechenden Labortests deutlich zeigt.
Neugierig geworden? Entdecken Sie unsere Panels und Parameter für die Endokrinologie und erfahren Sie mehr über die Diagnostik in diesem Fachgebiet! Bei Interesse an endokriner Hypertonie empfehlen wir Ihnen auch unseren Blogartikel zu diesem Thema!
1. Vasikaran S, et al. International Osteoporosis Foundation and International Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine position on bone marker standards in osteoporosis. Clin Chem Lab Med 49(8): 1271 – 1274 (2011).
2. Lombardi G, et al. Guidelines for the correct use of the nomenclature of biochemical indices of bone status: a position statement of the Joint IOF Working Group and IFCC Committee on Bone Metabolism. Clin Chem Lab Med 63(4): 704 – 711 (2024).
3. Bhattoa, HP et al. Update on the role of bone turnover markers in the diagnosis and management of osteoporosis: a consensus paper from The European Society for Clinical and Economic Aspects of Osteoporosis, Osteoarthritis and Musculoskeletal Diseases (ESCEO), International Osteoporosis Foundation (IOF), and International Federation of Clinical Chemistry and Laboratory Medicine (IFCC). Osteoporos Int (2025). (published online)
4. Tridimas A, et al. Assessing bone formation in patients with chronic kidney disease using procollagen type I N-terminal propeptide (PINP): The choice of assay makes a difference. Ann Clin Biochem 58(5): 528 – 536 (2021).
5. Cavalier E, et al. Analytical evaluation of the Nittobo Medical tartrate resistant acid phosphatase isoform 5b (TRACP-5b) EIA and comparison with IDS iSYS in different clinically defined populations. Clin Chem Lab Med 60(3): 394 – 400 (2021).
6. Vasikaran S, et al. Practical Considerations for the Clinical Application of Bone Turnover Markers in Osteoporosis. Calcif Tissue Int 112(2): 148 – 157 (2023).
* Es handelt sich hierbei um ein fiktives Fallbeispiel.