Wer sein Leben mit Ratten teilt, stellt schnell fest, wie intelligent und lernfähig diese Tiere sind. Als Haustiere werden sie zunehmend beliebter. Doch wie bei allen Tierarten in menschlicher Obhut besteht das Risiko, dass sie Krankheitserreger – wie etwa Hantaviren – auf den Menschen übertragen können.
Hantaviren sind weltweit verbreitet und zählen zu den oft unterschätzten Erregern, die von Nagetieren auf den Menschen übertragen werden können. In Deutschland und anderen Teilen Europas steigt die Zahl der Infektionen regelmäßig in Jahren mit hoher Nagetierpopulation.
Die in Deutschland vorkommenden Hantavirus-Typen werden durch verschiedene Mäusearten übertragen. Die Tiere selbst zeigen in der Regel keine Symptome, scheiden die Viren jedoch über Speichel, Kot und Urin aus. Eine Infektion des Menschen erfolgt meist durch das Einatmen von kontaminiertem Staub oder Erdpartikeln – beispielsweise bei der Gartenarbeit.
Neue Bedrohung durch das Seoul-Virus
Im Süden und Westen Deutschlands gilt die Rötelmaus als Hauptüberträger des Hantavirus-Typs Puumala-Virus. Im Nordosten Deutschlands hingegen treten häufiger Infektionen mit dem Dobrava-Belgrad-Virus auf, bei dem die Brandmaus als wichtigster Überträger fungiert.
Europaweit treten sporadisch auch Fälle von Seoul-Virus(SEOV)-Infektionen auf, die als sehr selten gelten. SEOV wird vor allem durch den Kontakt mit Ausscheidungen von Ratten übertragen. In Deutschland wurde SEOV erstmals im November 2020 als Ursache einer Hantavirus-Infektion bei einem Menschen nachgewiesen. Eine junge Frau aus Niedersachsen erkrankte schwer und musste wegen eines akuten Nierenversagens intensivmedizinisch behandelt werden. Die Infektion konnte auf ihre als Haustier gehaltene Ratte zurückgeführt werden, bei der das Virus ebenfalls nachgewiesen wurde. Dies war der erste dokumentierte Fall einer autochthonen Seoul-Virus-Infektion in Deutschland. Insgesamt wurden in Deutschland bislang sechs Fälle von SEOV-Infektionen beim Menschen beschrieben – fünf davon im Zusammenhang mit Heimratten, was die Bedeutung von Heimtieren als potenzielle Überträger unterstreicht.1
Diagnostische Herausforderung durch Kreuzreaktivitäten
Die tatsächliche Zahl an SEOV-Infektionen könnte unterschätzt sein. Der Grund: Die in serologischen Tests eingesetzten Nukleokapsidproteine weisen eine hohe Aminosäuresequenz-Ähnlichkeit mit anderen Hantavirus-Spezies auf, was zu ausgeprägten Kreuzreaktionen führen kann. Um diese Hypothese im Rahmen einer externen Qualitätsbewertung zu untersuchen, wurde die Serumprobe eines Patienten aus Niedersachsen zwei Monate nach vollständiger Genesung entnommen und an acht europäische Expertenlabore verschickt. Alle Labore führten serologische Tests zum Nachweis von Antikörpern gegen verschiedene Hantavirus-Spezies durch. Die Ergebnisse zeigten deutliche Kreuzreaktivitäten der Proben mit verwandten Hantavirus-Nukleokapsidproteinen im IgG- und IgM-Screening sowie in den Bestätigungstests. Dies machte eine korrekte Serotypisierung unmöglich.1 Ähnliche Resultate erzielte der Ringversuch „Virusimmunologie – Hantaviren“ von INSTAND e.V. im September 2024. Auch hier wurde eine Probe des oben genannten Patienten verwendet. Die Blutabnahme erfolgte 8 Monate nach Krankheitsbeginn.
Beide Analysen verdeutlichen, dass bei unerwarteten Mustern in der Serodiagnostik – etwa einem stark erhöhten Antikörpertiter gegen den Hantavirus-Typ Hantaan (HTNV) ohne entsprechende Reiseanamnese oder bei bekanntem Kontakt mit Ratten – eine SEOV-Infektion unbedingt in Betracht gezogen werden sollte.
Tabelle: Ergebnisse der Euroimmun-Tests mit den beiden o. g. Patientenproben:

In den meisten Fällen werden Hantavirus-Infektionen klinisch nicht als solche erkannt. Die Erkrankung beginnt in der Regel mit plötzlich einsetzendem hohem Fieber, das drei bis vier Tage anhält und geht zunächst mit unspezifischen grippeähnlichen Symptomen wie Kopf- und Muskelschmerzen sowie Schüttelfrost einher. Im weiteren Verlauf kann es zu einem Nieren- oder Lungenversagen kommen, das im schlimmsten Fall tödlich verläuft. Bei Infektionen mit dem Puumala-, Dobrava-Belgrad- und Seoul-Virus steht die Nierenbeteiligung im Vordergrund.
Um schwere Komplikationen vermeiden zu können, ist eine frühzeitige Diagnose der Viruserkrankung entscheidend. Sie erfolgt in der Regel anhand des klinischen Bildes sowie einer serologischen Untersuchung. Für den Nachweis spezifischer Anti-Hantavirus-Antikörper (IgM, IgG) bietet Euroimmun verschiedene ELISA und Immunfluoreszenztests sowie entsprechende Automatisierungslösungen an.
Für mehr Informationen über die passenden Tests für Ihre Hantavirus-Diagnostik besuchen Sie unsere Website: Emerging Diseases | Euroimmun
1. Hofmann J, et al. Hantavirus Disease Cluster Caused by Seoul Virus, Germany. Emerg Infect Dis 30(1):133-135 (2024).