Deutschland nach wie vor von Masernepidemien betroffen

Der Ausbruch der Masern in Berlin vom Oktober 2014 bis August 2015 hat gezeigt: Auch in Deutschland können immer noch Masernepidemien auftreten, in Einzelfällen auch mit potentiell lebensbedrohlichen Verläufen.

In einem Epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts (RKI) wurde die Berliner Masernwelle noch einmal von den Ärzten des Otto-Heubner-Centrums für Kinder- und Jugendmedizin der Charité, Berlin aufgearbeitet.

Insgesamt wurden in Berlin 1.359 Masernfälle registriert. Jeder vierte Betroffene erkrankte so schwer, dass er im Krankenhaus behandelt werden musste. Im Otto-Heubner-Centrum wurden 12 Kinder im Alter zwischen 3 Monaten und 16 Jahren stationär aufgenommen. Sie alle waren bis zur Masernerkrankung klinisch gesund. Die häufigsten Komplikationen waren Pneumonien, Bronchitis und andere Atemwegserkrankungen. Ein Kind verstarb nach der Infektion an einer Herzmuskelentzündung (Myokarditis).

Als Hautpursache für den Ausbruch sehen die Experten eine immer noch unzureichende Impfquote in Deutschland, wodurch das Virus in der Bevölkerung weiter zirkuliert. Die Impfung bietet den einzigen wirksamen Schutz vor der Infektionskrankheit. Tatsächlich war keines der stationär behandelten Kinder nachweislich geimpft (10 Kinder ohne Impfschutz, 2 Kinder mit unklarem Impfstatus), ebenso wenig wie 86% der weiteren Patienten.

Zu den gefährdeten Bevölkerungsgruppen, in denen Impflücken dringend geschlossen werden müssen, zählen die Ärzte Kinder im Alter von 11 bis 24 Monaten, 10- bis 17-jährige Jugendliche, Erwachsene, die nach 1970 geboren wurden, Beschäftige im Gesundheitswesen und, derzeit besonders aktuell, Flüchtlinge.

Erhebungen der „KV-Impfsurveillance“, einem vom RKI koordinierten Projekt mit 17 Kassenärztlichen Vereinigungen, haben gezeigt, dass Kleinkinder in Deutschland häufig nicht wie von der Ständigen Impfkommission empfohlen gegen Masern geimpft werden. Demnach sollte eine erste Impfung zwischen dem 11. und dem 14. Lebensmonat und eine zweite Impfdosis bis zum 24. Monat verabreicht werden. Besonders die zweite Impfung erfolgt jedoch oftmals zu spät. Helfen soll unter anderem das neue Präventionsgesetz, das im Juli 2015 in Kraft getreten ist, und beispielsweise vorsieht, dass der Impfstatus bei allen Routine-Untersuchungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene überprüft werden soll. Denn auch in allen anderen Altersgruppen fehlt der empfohlene Impfschutz bei zu vielen Personen. In den deutschen Erstaufnahmestellen der Asylsuchenden gibt es bislang ebenfalls kein systematisches Vorgehen zur Feststellung des Impfstatus. In Berlin ist im Oktober jedoch eine zentrale Impfstelle eröffnet worden, in der sich jeder Flüchtling freiwillig impfen lassen kann. Das Thema eines mangelnden Impfschutzes für Flüchtlinge wurde kürzlich auch in der ARD-Sendung plusminus thematisiert.

Gerade für Säuglinge ist die niedrige Impfquote gefährlich. Sie dürfen noch nicht geimpft werden und sind auf ein Umfeld aus immunisierten Personen angewiesen. Nur wenn die Impfempfehlungen konsequent umgesetzt und fehlende Impfungen nachgeholt werden, können die Masern in Deutschland eliminiert werden. Dieses Ziel hatte die WHO für europäische Länder  bereits für 2015 angestrebt.

 

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